
Hinter Mauern
Fotografie in psychiatrischen Einrichtungen der Schweiz 1880–1935
Die Ausstellung „Hinter Mauern“ gibt erstmals Einblick in die umfangreichen Fotografie-Bestände Schweizer Psychiatrien aus der Zeit um 1900. In dieser Zeit, in der sich die Einrichtungen professionalisierten, nutzten Psychiater*innen das neue Medium Fotografie, um Diagnosen zu stellen oder der Öffentlichkeit Einsicht in das Leben hinter Anstaltsmauern zu geben. Viele dieser Bilder sind irritierend und werfen Fragen auf: Welche Botschaften transportierte das Medium Fotografie? Werden psychische Krankheiten auf Fotos sichtbar? Wurden Patient*innen um ihr Einverständnis gebeten? Im Museum Sammlung Prinzhorn werden die Fotografien um bildnerische Werke der eigenen Sammlung, die zeitgleich in Schweizer Anstalten entstanden sind, ergänzt.
Fotografie und Psychiatrie um 1900
Schon Mitte des 19. Jahrhunderts eigneten sich Psychiater*innen das neue Bildmedium der Fotografie an, denn es versprach, naturgetreu abzubilden, was sich vor dem Objektiv befand. Daher haben sich in vielen Kliniken Bestände von Glasdiapositiven, Fotoabzügen und Fotoalben erhalten, die bisher noch nie untersucht wurden. Die Diapositive setzten Psychiater*innen bei Vorträgen vor Fachkolleg*innen oder zur Ausbildung des Pflegepersonals ein. Manche der Fotos findet man auch in psychiatrischen Lehrbüchern wieder.
Aber was sollte man anhand des Porträts einer Patientin, eines Patienten erkennen können? Glaubte man, eine “Geisteskrankheit» zeige sich an äußeren Merkmalen? Darüber wurde an der Schwelle zum 20. Jahrhundert viel diskutiert. Heute sehen wir keines der angeblichen Merkmale auf den Fotografien, aber wir erkennen die Aufnahmesituationen. Es sind “gestohlene», beklemmende Bilder.
Andere Aufnahmen ließen die Kliniken von professionellen Studios aufnehmen. Sie sollten der Öffentlichkeit ein Vertrauen erweckendes Bild vom Leben in einer Anstalt vermitteln, dass ja sozusagen “hinter Mauern», unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand. Auf diesen Bildern sind saubere, helle Innenräume, gepflegte Parkanlagen und arbeitende Patient*innen zu sehen.
24. März bis 31. Juli 2022 Di bis So 11–17 Uhr, Mi 11-20 Uhr, Mo geschlossen
